Rinderzucht liefert einen „Faktencheck“ ohne Fakten und mit skurrilen Anschuldigungen
Wien (OTS) - Nach den Berichten über Exporte trächtiger Rinder von Österreich nach Algerien – mehrere Medien hatten vergangene Woche berichtet – sieht sich das Investigativ-Startup The Marker nun mit Anschuldigungen der Rinderzucht Austria, dem Dachverband der österreichischen Rinderzüchter, konfrontiert. Das Videomaterial habe nichts mit Österreich zu tun, es gäbe keinen Zusammenhang zu dem dokumentierten Schiff und Informationen seien bewusst unterschlagen worden, heißt es auf deren Webseite im "Faktencheck". The Marker entgegnet jetzt in einer detaillierten Stellungnahme.
Öffentliches Interesse, aber fehlende Zahlen
Die vielen Rückmeldungen aus der Bevölkerung, aber auch von Landwirtschaftsseite, zeigen das große öffentliche Interesse an den Berichten über die Transporte trächtiger Rinder nach Algerien, die auf einer einjährigen Recherche des Investigativ-Startups The Marker beruhen.
Aus der Sicht der Redaktion fehlen für eine ausgewogene, öffentliche Diskussion vor allem tatsächliche Fakten – nicht nur haltlose Vermutungen – vonseiten der Rinderzucht Austria. Zusätzlich zur Stellungnahme verlangt das Recherche-Startup deshalb von der Rinderzucht Austria die Veröffentlichung von Statistiken zum Herdenaufbau in Algerien und die Aufenthaltsorte aller Rinder, die in den vergangenen 10 Jahren nach Algerien exportiert wurden.
Schwere Anschuldigungen werfen neue Fragen auf
Die Rinderzucht Austria wirft The Marker vor, Aufnahmen von einem Transport aus Deutschland verwendet zu haben und zu behaupten, es handle sich um Tiere des Fleckviehverbandes Inn- und Hausruckviertel (FIH). Außerdem stehe das gezeigte Schiff „Karim Allah“ nicht im Zusammenhang mit diesen Transporten. Wie die Rinderzucht auf diese Annahme kommt, ist The Marker ein Rätsel, da der im ORF Report gezeigte Transport von einem Team von The Marker von den Stallungen des FIH bis zur Verladung der Tiere auf das Schiff „Karim Allah“ an einem Hafen in Frankreich dokumentiert hatte. Die Rinderzucht formuliert überdies, der Beitrag sei „fernab jeder Realität“. Die Stellungnahme von The Marker, in der die genannten Punkte widerlegt werden, wirft neue Fragen zur Kontrolle und Abfertigungspraxis auf.
Tobias Giesinger, Gründer von The Marker: „Wir möchten mit dieser Stellungnahme auch auf unsere sorgfältige Arbeitsweise hinweisen, mit der wir diesem durchaus sensiblen Thema begegnet sind. Außerdem stellt sich uns durch die skurrilen Anschuldigungen der Rinderzucht die Frage, wieweit sie über die Kontrollen und Abfertigungspraxis informiert ist.“
Theorie und die Praxis klaffen weit auseinander
Mit einem angeblichen Aufbau von Rinderherden rechtfertigt die österreichische Landwirtschaft Exporte von Rindern nach Algerien. Doch Algerien scheint ein Fass ohne Boden – obwohl Österreich seit Beginn der Exporte 60.000 trächtige Rinder mit ihren ungeborenen Kälbern in das Land exportiert hat, ist der Rinderbestand laut Statistik stark rückläufig.
Die Rinderzucht spricht in ihrem „Faktencheck“ von Schulungen landwirtschaftlicher Betriebe durch Expert:innen aus Österreich und hebt die Wichtigkeit der österreichischen Hochleistungsrinder für Algerien hervor. Das Team von The Marker hat in Algerien mit Importeuren, Händlern, Bauern und Schlachthofbetreibern gesprochen. The Marker gegenüber wusste keiner der Befragten etwas über ein angebliches Herdenaufbauprogramm der Regierung oder Kontrollen und Schulungen durch österreichische Expert:innen. Bis auf größere Importeure wussten die meisten nicht einmal, dass die Rinder in ihren Betrieben aus Österreich kamen.
Bauern berichteten, dass ihre Rinder schon bald nicht einmal mehr die Hälfte der angepriesenen Milchmenge geben würden, dafür aber ein Vielfaches an Futter bräuchten - besonders für ärmere Kleinbauern ein großes Problem. Besorgniserregend sei auch die Krankheitsrate der Rinder und es sei nur sehr schwer möglich, dass sie wieder trächtig würden. Dies sei nur durch Zufütterung von teurem Importsoja möglich. Theorie und die Praxis klaffen hier also weit auseinander.
Quellen
Bücherei
Informant
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